1. Anagenphase – Die Wachstumsphase
Die Anagenphase ist die längste und aktivste Phase im Lebenszyklus eines Haares. Auf der Kopfhaut dauert sie in der Regel zwischen zwei und sieben Jahre. Ihre Länge ist individuell verschieden und hängt von genetischen Faktoren, dem Alter, dem Hormonhaushalt und der betroffenen Körperregion ab. In dieser Phase ist der Haarfollikel voll aktiv: In der Haarmatrix werden ständig neue Zellen gebildet, die das Haar mit durchschnittlich 0,3 bis 0,5 Millimetern pro Tag wachsen lassen. Die Haarwurzel ist dabei tief in der Kopfhaut verankert und wird über die Dermalpapille mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt. Etwa 85 bis 90 Prozent aller Kopfhaare befinden sich zu einem gegebenen Zeitpunkt in der Anagenphase.
2. Katagenphase – Die Übergangsphase
Nach Abschluss der Anagenphase tritt das Haar in die Katagenphase ein, die deutlich kürzer ist und nur etwa ein bis drei Wochen dauert. In dieser Phase stellt die Haarwurzel ihre Zellproduktion ein, das aktive Wachstum stoppt, und der Follikel beginnt sich zurückzubilden. Die Verbindung zur Blutversorgung wird gekappt, wodurch der Haarfollikel schrumpft. Das Haar beginnt sich von der nährenden Papille zu lösen und verhornt. Nur etwa ein bis drei Prozent der Haare befinden sich gleichzeitig in der Katagenphase. Diese Phase dient als Vorbereitung auf den Haarausfall, der in der nächsten Phase stattfindet.
3. Telogenphase – Die Ruhe- und Ausfallphase
Die Telogenphase ist die Ruhephase im Haarzyklus und dauert etwa zwei bis vier Monate. In dieser Zeit ruht das Haar vollständig im Follikel, ohne weiter zu wachsen. Es ist jetzt vollständig verhornt und nicht mehr aktiv mit dem Haarfollikel verbunden. Schließlich wird das Haar entweder durch äußere Einflüsse wie Kämmen, Waschen oder Reiben aus dem Follikel gelöst oder es wird durch das nachwachsende neue Haar der kommenden Anagenphase herausgeschoben. Dieser Prozess ist völlig natürlich und führt zu einem täglichen Haarausfall von etwa 70 bis 100 Haaren. Rund 10 bis 15 Prozent aller Haare befinden sich ständig in der Telogenphase.
Der Neubeginn des Zyklus
Nach dem Ende der Telogenphase beginnt der Zyklus von vorn: Ein neues Haar bildet sich in der Haarmatrix, wächst nach und schiebt das alte, lose Haar aus dem Follikel hinaus. Solange der Haarfollikel gesund ist, kann dieser Zyklus viele Male durchlaufen werden – theoretisch ein Leben lang. Das alte Haar, das dabei ausfällt, ist also kein Zeichen für eine Störung, sondern Teil eines natürlichen Erneuerungsprozesses.
Einflussfaktoren auf den Haarzyklus
Der Haarwachstumszyklus kann durch viele innere und äußere Faktoren beeinflusst oder gestört werden. Hormonelle Veränderungen – insbesondere durch das Hormon Dihydrotestosteron (DHT) – spielen dabei eine zentrale Rolle. DHT kann die Anagenphase verkürzen und die Haarfollikel schrumpfen lassen, was bei der androgenetischen Alopezie (erblich bedingter Haarausfall) häufig zu beobachten ist.
Auch Stress, psychische Belastung, Krankheiten, Mangelernährung, Medikamente oder eine gestörte Durchblutung der Kopfhaut können den Zyklus beeinflussen. Eine häufige Form des daraus resultierenden Haarausfalls ist das sogenannte Telogene Effluvium: Dabei werden überdurchschnittlich viele Haare gleichzeitig vorzeitig in die Telogenphase versetzt, was sich einige Monate später in verstärktem Haarausfall äußert. Auch regionale Unterschiede am Körper beeinflussen die Zyklusdauer: Während Kopfhaare jahrelang wachsen können, ist die Anagenphase von Wimpern, Augenbrauen oder Beinhaaren nur wenige Wochen lang – weshalb diese Haare nie besonders lang werden.
Ein interessanter Aspekt in diesem Zusammenhang ist die dauerhafte Haarentfernung mittles Laser. Da die Laserbehandlung gezielt die Haarfollikel in ihrer aktiven Wachstumsphase (Anagenphase) zerstört, ist das Verständnis des Haarzyklus entscheidend für den Behandlungserfolg. Da sich nie alle Haare gleichzeitig in der Anagenphase befinden, sind mehrere Sitzungen notwendig, um dauerhaft glatte Haut zu erzielen. Besonders effektiv ist die Methode bei dunklen Haaren auf heller Haut, da der Laser das Farbpigment Melanin im Haar nutzt, um Wärme gezielt in den Follikel zu leiten und diesen irreversibel zu schädigen.
Fazit
Der Haarwachstumszyklus ist ein fein abgestimmter, biologischer Prozess, der über die Lebensdauer jedes einzelnen Haares bestimmt. Solange der Haarfollikel gesund bleibt, ist das Nachwachsen von Haaren nach dem natürlichen Ausfall gesichert. Erst wenn der Follikel dauerhaft geschädigt oder inaktiv wird – etwa durch genetische Veranlagung, Hormone oder Krankheit – kann es zu dauerhaftem Haarausfall kommen. Ein grundlegendes Verständnis dieses Zyklus ist nicht nur für die Haarpflege und -gesundheit wichtig, sondern auch für ästhetische Anwendungen wie die Laser-Haarentfernung, bei der der richtige Zeitpunkt entscheidend für den Erfolg ist.